Innerhalb von zwei Wochen wollte ich die komplette Atlantikküste Frankreichs abfahren, daher hieß es jetzt ein bisschen Strecke machen. So ging es nach der Besichtigung von Rennes für einen Kurzbesuch nach Nantes.
Nach zwei Stunden Fahrt kam ich an meinem Stellplatz für die Stadtbesichtigung von Nantes an. Ich hatte mir den Stadtpark von Saint-Herblain, einem Vorort von Nantes, ausgesucht. Er lag schön ruhig und von ihm aus waren es nur ein paar Kilometer in die Altstadt. Statt wie bisher den Abend ruhig zu verbringen und mir dann die Stadt am nächsten Tag anzusehen, habe ich mich dieses Mal spontan dafür entschieden, Nantes am Abend/in der Nacht zu entdecken.
Nantes bei Nacht
Nach 20 Minuten und ein paar Verfahrern war ich in der Stadt. Nantes' Altstadt ist relativ groß und besteht aus vielen breiten Shopping-Meilen, die durch kleine Gässchen verbunden sind. In den Gassen gibt es Cafés und Restaurants, die an diesem Abend zu Bersten voll waren.

Das Flair war schon deutlich "mediterraner" als in Rennes; die Palmen auf den Plätzen wurden hier langsam obligatorisch. Fotografiert habe ich fast alles was mir so an interessanten Bauten vor die Linse gekommen ist; ohne so genau zu wissen, was es für ein Gebäude ist. Muss zu meiner Schande gestehen, dass ich das auch nicht nachgeholt habe, aber das dürfte jetzt wohl so meine 15. Stadtbesichtigung sein... Da kann man schonmal die Lust am Recherchieren verlieren. Schön war es ja trotzdem.

Ein Gebäude fand ich besonders irritierend, war ziemlich kitischig und hat für mich irgendwie arabisch ausgesehen. Habe dann mal einen Passanten (zufällig auch Tourist) gefragt, und der meinte das sei die ehemaliche "Lu-Kekse"-Farbik, die in den 20ern gebaut wurde. Jetzt ist da ein Hammam, ne Bar und verschiedene andere Geschichten drin.

Der Tourist hat gemeint, ich muss mir auf jeden Fall am nächsten Tag die Machines d'Île de Nantes angucken. Die befinden sich wie der Namen schon sagt auf der Insel von Nantes, die in der Loire liegt (analog zur Île de la Cité in Paris). Genau erklären was das ist konnte er mir auch nicht, aber ich habe irgendwas von Metall und einem riesigen Elefanten verstanden... und war ganz davon eigentlich angetan. Die Altstadt hatte ich an diesem Abend ja schon durch. Der Mann war eher wortkarg und so trennten sich unsere Wege bald wieder.
Die Île de Nantes

Bin dann am gleichen Abend schonmal auf die Île gefahren, um mir das Machines-Gelände von außen anzusehen. Die Loire-Insel ist eigentlich lange Zeit ein Industriestandort und Warenumschlagplatz für die Binnenschifffahrt gewesen, bei der seit wohl 10 Jahren nach und nach die Gentrifizierung einsetzt... Viel Glas, viele Büros und hippe Lofts in alten Fabrikhallen. Trotzdem versucht man auch hier an Traditionen anzuknüpfen und hat entlang der neugebauten Straßen sogar Plätze fürs Boule-spielen eingeplant, die auch rege genutzt werden.
Das mit dem Boule, bzw. eigentlich wohl eher Pétanque ist sowieso eine faszinierende Sache: Jeder spielt es (auch wenn es einen deutlichen Überhang von alten, männlichen Franzosen gibt), überall (d.h. in jeder Region) und zu fast jeder Tageszeit (Hoch-Zeit später Nachmittag bis früher Abend) wird gespielt. Man kann es wahrscheinlich als den heimlichen Nationalsport der Franzosen bezeichnen. Häufig steht aber wohl weniger der sportliche, als eher der kommunikative Aspekt im Vordergrund. Um einige Boule-Plätze stapeln sich zu fortgeschrittener Stunde dementsprechend viele Bier-, Wein-, und Schnappsflaschen.

Als ich auf dem Machines-Gelände angekommen bin, war es schon dunkel. Dementsprechend unentdrucksvoll waren die drei großen Lagerhallen, in denen sich diese ominösen Maschinen befinden sollten. Nur eine Art maritimes Karussell war auf dem Gelände beleuchtet. Sah aber schonmal sehr vielversprechend aus.

Zur Westspitze der Insel hin geht es dann noch an ein paar Kunstobjekten vorbei, die in der Nacht besonders gut zur Geltung kommen (habe es mir am nächsten Tag noch einmal angesehen, deswegen kann ich das sagen).


Ganz an der Spitze gab es dann noch eine Barmeile, die von Strandclub bis düsterer Metal-Kneipe alles geboten hat. Hab mich für den Strandclub entschieden, meinen (auf dieser Reise sehr extrem auftretenden) Geiz hintenan gestellt, mir ein Bier für sechs Euro gekauft und es mir auf einen der vor der Bar positionierten "Hochsitz" gemutlich gemacht. Während ich da oben gesessen war kamen nacheinander ein Typ und zwei Mädels und haben mich etwas auf französisch gefragt (wahrscheinlich, wann ich denn da wieder runter komme ;)). Als ich ihnen auf französisch gesagt habe, dass ich leider nur englisch kann, sind sie alle drei mit dem gleichen entschuldigend-beschämten Blick abgezogen... es ist wirklich manchmal zum Haareraufen hier. Ich meine, mein Englisch ist teilweise wirklich furchtbar mit deutscher Grammatik und absolut unpassender Wortwahl, aber irgendwie schämen sich die Franzosen wohl wirklich extrem dafür (vermeintlich) kein Englisch zu können... hmpf. (Auf der Île d'Oléron hat mir eine Friseuse diese Vermutung bestätigt, aber davon nächstes Mal) Ich kann wirklich nur hoffen, dass ich in Spanien und Italien mehr Glück habe.

Die Machines
Am nächsten Tag steigerte sich meine Spätaufstehzeit zu ihrem vorläufigen Höhepunkt, sodass ich erst gegen ein Uhr Richtung Insel losgekommen bin. Vor den Lagerhallen hatte sich schon eine ordentliche Schlange gebildet. Ein kleineres Karussell, das ich am Vorabend übersehen hatte, gab schonmal einen groben Eindruck vom Fantasy-Stil, den die Maschinenmacher zu verwirklichen suchten.

Beim Anstehen in der Schlange kam dann auch die vom Touristen angesprochene Attraktion auf uns zu: Ein zwölf Meter hoher Elefant auf einem Fahrgestell, dessen Beine, Kopf und Rüssel laut Infoblatt durch einen 450-PS-Motor, 36 Zylinder und 2000 Liter Hydraulik-Öl zum Leben erweckt wurden. Außerdem spritzte er gerne die Leute nass.

Beim Kaufen der Tickets hätte man sich entweder für eine Fahrt auf dem Elefanten oder den Besuch der Maschinenhelle entscheiden müssen (beides gleich teuer). Ich entschied mich für letzteres, den Elefanten hatte ich ja schon gesehen. Das große, beleuchtete Karussell von letzter Nacht war noch ein bisschen teurer.
Die Besichtigung der Maschinenhalle dauerte dann ungefähr anderthalb Stunden. Nacheinander werden verschiedene fantastische Maschinen vorgestellt, die soweit es geht auf Elektronik verzichten und nur mechanisch (über Pedal, Hebel etc.) gesteuert werden sollen. Alles ist in einer Art Dschungel eingebettet, um der ganzen Sache noch ein wenig mehr Leben einzuhauchen.

Der ganze Sinn der Sache erschließt sich aber erst, wenn man das Begleitheft liest (das Personal erklärt viel, aber nur auf französisch): Alle Maschinen sollen in gut zwei Jahren Teil des Arbre aux Hérons, des Reiher-Baumes werden. Diese begehbare Konstruktion soll 50 Meter im Durchmesser und 35 Meter Höhe erreichen und die bisher hergestellten Tiere in seine Peripherie einbinden. Ich bin mal gespannt, ob das funktioniert, sie haben zwar ein mehrere Millionen Euro umfassendes Budget, aber bis auf einen Ast-Prototyp sieht man vom eigentlichen Baum noch nichts.


Ziemlich gut war der Reiher und die riesige Spinne, für die die Ingenieure und Künstler zwei Jahre gebraucht haben. Wenn man fix ist und französisch sprechen kann (die Führer und Führerinnen machen viele Scherze mit einem), darf man auf den Maschinen mitfahren/-fliegen.



Danach ging es noch in die Werkstatt, in der die neuen Modelle entworfen oder alte repariert wurden. Allerdings war dort wohl gerade Ruhetag und ausgiebig Knipsen durfte man sowieso nicht (habe das Schild allerdings drei Fotos zu spät gelesen ;)). Also bin ich noch auf den Ast-Prototyp geklettert; der gerade einmal 5% der späteren Baumstruktur ausmacht... war schon jetzt ziemlich beeindruckend. Wenn ich nochmal in die Nähe kommen (z.B. bei einem Urlaub in der Bretagne) und das Ding fertig ist, werde ich es mir wohl anschauen.

Zwischenstopp in Péault
Nach den Machines war die Besichtigung von Nantes für mich zu Ende. Ich wollte noch am gleichen Abend weiterfahren, allerdings war es mir bis zu meinem nächsten Ziel, der Île d'Oléron, zu weit. Also folgte ich dem Vorschlag meiner App und legte einen Zwischenstopp in Péault, einem winzigen Dorf 25km nach La-Roch-sur-Yon, ein. Als Übernachtungmöglichkeit war der örtliche Picnic-Platz (camping municipal, gibt es in Frankreich öfter und ist häufig eine sichere Anlaufstelle fürs einmalige Übernachten). Außer mir war wegen des Wetters kein Mensch da. Und da der Platz in einer Senke lag, umwuchert von dichtem Gestrüpp und verwachsenen Bäumen, die bei Regen sehr seltsam und leise "quietschen", war mir in dieser Nacht wirklich ein bisschen unheimlich. Ich fühlte mich beim Tippen meiner Reiseberichte ständig beobachtet.
Am nächsten Tag war aber alles wieder okey und ich machte mich auf zu meinem nächsten Strandurlaubsziel.
Weiter geht's mit meinem Reisebericht l'Île d'Oléron.