Ich hatte also meine ursprüngliche Reiseroute nach dem Umschwung von Bilbao auf den Kopf gestellt und fuhr in die entgegengesetzte Richtung los. Nach einem Versorgungsaufenthalt in Pamplona führte mich mein neuer Plan durch die Nationalparks der Pyrenäen.
Pamplona
Da ich die Berge so gar nicht eingeplant hatte war ich auch überhaupt nicht ausgerüstet in der Richtung. Ich habe grade mal zwei paar Schuhe und zwei Paar Sandalen/Flipflops dabei, kaum das Richtige Schuhwerk für ein Hochgebirge. Also musste ich mich dahingehend erstmal versorgen. Pamplona als Hauptstadt von Navarra, dem östlichsten Zipfel des Baskenlandes, war deswegen mein erstes Anfahrtsziel. In so einer großen Stadt müsste es ja das ein oder andere Outdoor-Geschäft geben.
Die Fahrt führte mich wieder fast bis nach Donostia. Kurz vorher ging es dann allerdings endgültig weg von der Küste ins Inland. Nach guten anderthalb Stunden veränderte sich dementsprechen auch die Landschaft. Die Hügel ließen nach, es gab eine klarere Trennung zwischen hohen Bergen und breiten Tälern, die Vegetation erhielt einen sehr gelblichen Stich, der Himmel wurde blassblau und die Luft immer trockener. Man hatte ein bisschen das Gefühl, man fährt in die Wüste.

In Pamplona angekommen hielt ich auf einem unbefestigten Parkplatz nahe des Bahnhofsgebäudes. Leider gab es keinen einzigen Baum, so dass HORA der Sonne absolut schutzlos ausgeliefert war. Deswegen sollte mein Aufenthalt in Pamplona sehr kurz ausfallen, auch wenn ich noch nicht genau wusste, wo genau ich an diesem Tag eigentlich hinwollte. Ich fuhr als schnell mit dem Fahrrad in die Stadt und hielt nach geeigneten Läden Ausschau. Die meisten Schuhgeschäfte hatten nur billige "Modeschuhe" im Programm, die auch noch ziemlich lieblos ins Schaufenster geworfen waren. Ein spezielles Bergausrüstungsgeschäft konnte ich auch nicht finden, und bis mir dann nach endlosen Übersetzungsversuchen der Begriff "Outdoor" zum googlen eingefallen ist, hat es ein bisschen gedauert.
Das einzige Ergebnis war ein kleiner Laden, der sich auf Pilgerbedarf spezialisiert hatte. Der Inhaber hatte mich gleich mit seinem perfekten Englisch überrascht, es stellte sich heraus, dass er eigentlich Ire war und wohl durch Familie in Katalonien nach Spanien gekommen war. Glücklicherweise hatte er nur zwei paar Schuhe in meiner Größe da, von dem mir nur ein Paar wirklich gut passte. Ich kann es nicht wirklich leiden, wenn es zu viel Auswahl gibt. Nach dem der "offizielle" Teil also schnell abgehandelt war, haben wir uns noch ein bisschen über dies und das, v.a. über spanische und baskische Vokabelbesonderheiten, Pilgern und natürlich über "Ich bin dann mal weg" unterhalten (Pilger + Deutsch = Hape Kerkeling). Ich hab das nie gelesen, kenne nur Versatzstücke aus nem Hörbuch. Der Ire meinte auf jeden Fall, seit es das Buch gibt pilgern auch Deutsche; gefallen hat es ihm allerdings nicht so. Leider musste er sich dann schon bald wieder in ein Kundengespräch mit einer ähnlich perfekt Englisch sprechenden Dame begeben (wo kommen die auf einmal alle her?). Mein Pamplona-Besuch war dementsprechend nach 90 Minuten beendet. Auf dem Rückweg kaufte ich noch kurz in einem arabisch geführten Lebensmittelgeschäft irgendeine halal-Wurstware aus dem Angebot (Truthahn mit einer ziemlich guten Würzung) und ein bisschen Krimskrams und suchte mir mein Ziel für die Nacht.
Navascues
Ziel wurde dann ein Stellplatz bei Navascues, das war schon ziemlich irgendwo im nirgendwo eine halbe Stunde von der nächsten größeren Überlandstraße entfernt. Ich fuhr v.a. deshalb dahin, weil in den Kommentaren etwas von Swimmingpool stand, und den konnte man bei gemeldeten Temperaturen über 30 Grad bei wolkenfreiem Himmel auf jeden Fall gebrauchen.
Der "Swimmingpool" war tatsächlich ein kleiner, aufgestauter Bach, um den herum sich wieder die üblichen Campingtische und Grillmöglichkeiten (bei der Sommerhitze natürlich strengstens verboten) befanden. Ich finde das wirklich ne coole Sache, diese kommunalen Picknickplätze in Frankreich und Spanien könnten sich auch gerne bei uns durchsetzen. Da kommt die ganze Gegend ein bisschen zusammen auch wenn man durch die Weitläufigkeit jederzeit für sich bleiben kann.
Zwei Tage verbrachte ich Lesend und meine neuen Wanderschuhe einlaufend zwischen Swimmingpool und dem Ort Navascues. Ich bin da mal um die Mittagszeit hingelaufen, und genau so eine high noon-Western-Athmosphäre hat da auch geherrscht (auch wenn die Architektur nicht ganz dazu gepasst hat). Leider gab es in Navascues keinen Lebensmittelladen, was mich dazu brachte den liebgewordenen Swimmingpool wieder zu verlassen. War wahrscheinlich besser so; dieses Wasserloch hatte in dieser Halbwüste eine magische Anziehungskraft. Außerdem verliert man bei dieser besonderen Hitze irgendwie das Zeitgefühl, es lullt einen regelrecht ein und hatte irgendwann fast etwas Bedrohliches.
Lesetechnisch habe ich mich für "Kleiner Mann, was nun?" von Hans Fallada entschieden. Ich kann mich mittlerweile gar nicht mehr zügeln, will ich aber auch nicht — sich bei Büchern zu maßregeln ist eine wirklich doofe Idee. Habe lang geschwankt, ob ich nicht zuerst "Die Gierigen" von Karine Tuil lesen soll, aber das Buch enthielt ein bisschen zu viel Eifersucht für mein neues, positives Gemüt, deswegen lieber der Klassiker aus der Weimarer Republik.
Ach ja, außerdem fand in bei der Ankunft am Swimmingpool meinen Wanderstock. Der lag da etwas lustlos im Wasser rum und nach ein paar kleinen Anpassungen mit dem Taschenmesser lag er auch ganz gut in der Hand. Am Anfang kam ich mir etwas lächerlich vor mit dem Ding, aber irgendwann ließ ich den kleinen Jungen einen kleinen Jungen sein und freute mich über meinen gefundenen Stock.
Ich war wandertechnisch ausgerüstet, das Wetter sollte sich etwas abkühlen und die Berge lagen vor der Haus- bzw. Fahrertür. Also ging es auf schnellstem Wege zum nähesten Nationalpark der Pyrenäen (ANMERKUNG: Ich schreibe diesen Artikel gerade ohne Internet, d.h. ich kann die Namen mancher Orte oder Dinge leider nicht nachgucken. Aus dem Kontext weiß man aber denke ich meistens, wo ich war und was ich gemeint habe). In park4night fand ich einen Eintrag mitten im Nationalpark, dessen Bilder allerdings nichtssagende Schneelandschaften zeigten. Trotzdem wollte ich schon allein wegen der Lage da hin.

Zwischendurch ging es dann noch in einem kleinen Ort Vorräte auffüllen. Meistens komme ich mit meinem Lebensmittelfach ganz gut hin, das Problem ist eher die kleine Kühlbox, in die ich nicht so viele Dinge auf Vorhaltung schlichten kann. Deswegen ist nach maximal 3-4 Tagen immer einkaufen angesagt. Der Mini-Supermarkt war auf die örtlichen Camper ausgerichtet und wahnsinnig teuer, hatte aber alles Wichtige. Auf meiner insgesamt dreistündigen Fahrt durch die trockenen Bergkämme, die von Flüsschen durchzogenen Schluchten und die vielen spanischen Bergdörfchen dachte ich diesmal etwas öfter daran, die Kamera zu benutzen. Die Straßenverhältnisse waren unverändert serpentinig, aber nie zu eng oder marode.

Mein Ziel entpuppte sich als der Parkplatz des Refugio Lizara, einer Berghütte am Fuße einiger größerer Berge der Westpyrenäen. Am dominantesten war der Bisaurín, der auf den Wander- und Kletterinfotafeln auch überall ausgewiesen war. Natürlich war an die Erwanderung dieses Berges nicht zu denken, vor allem nicht mit meinem Stock und null Vorerfahrung, was das Bergwandern angeht. Ich konnte mir außerdem gar nicht vorstellen, dass man da wirklich nur zu Fuß hochkommen sollte.
Den Abend verbrachte ich damit, mich über die Einrichtungen der Berghütte zu informieren (Duschen konnte man hier, sehr gut!) und ein bisschen an den Ausläuferhängen des Bisaurín herumzukraxeln. Der Nationalpark war landschaftlich genutzt, weswegen eine große Kuhherde das Areal um die Hütte und den Platz zwischen den parkenden Autos in Beschlag nahm.

Die Nacht versuchte ich gegen meine wieder aufgetauchte Gewohnheit durchzuschlafen, um am nächsten Morgen möglichst bald auf den Wanderwegen zu sein. Hat auch ganz gut geklappt, um 8 startete ich der rot-weißen Route folgend Richtung Berg.

Nach einer halben Stunden gemäßigter Steigung traf ich auf ein spanisches Ehepaar, dass leider kein Englisch konnte, dem ich aber irgendwie das Gefühl vermittelt haben musste, dass man auf den Jungen da ein bisschen aufpassen sollte. Also wurde mein Rucksack auf wichtige Gegenstände wie Sonnencreme (check!) und Kopfbedeckung (verdammt...) kontrolliert, sowie mein Stock inspiziert. Letzterer hielt wider Erwarten dem strengen Blick des Spaniers stand und wurde für den weiteren Weg akzeptiert. Unbeirrt wurden mir weiterhin auf dem Weg wichtige Verhaltensregeln und die Funktion von Farbmarkierungen, Steinmännern und Unterständen erklärt, die ich aber entweder nicht verstand oder mir gerade so noch zusammenreimen konnte. Da die beiden zwischendurch untereinander etwas... "leidenschaftlich-laute" Gespräche führten, ließ ich mich zwischen ihren Belehrungen immer etwas zurückfallen.
Nach einer weiteren Stunde Serpentinenlaufen waren wir auf einem halbhohen Bergrücken angekommen, dem vermeintlichen Ende meiner Bergwanderung. Auf dem Weg nach oben hatten das spanische Ehepaar und ich immer einmal wieder einen gut 70-jährigen Typen hinter uns im Blick, der sich herzlich wenig um die ausgetretenen Pfade scherte und bedächtig aber unaufhaltsam querfeldein den Kamm hinaufstiefelte. Das nötigte uns allen einen gewissen Respekt ab, auf dem Grat hatte er uns dann auch eingeholt. Das Ehepaar kam mit ihm ins Gespräch und zeigten dabei immer wieder auf mich und auf den Gipfel des Berges. Der Alte nickte kurz und setzte sich wieder in Bewegung, woraufhin die beiden mir zu verstehen gaben, dass ich ihm folgen sollte. Meine zwischenzeitlichen Zieheltern hatten mich also für den weiteren Weg abdeligiert und verabschiedeten sich zum zweiten Frühstück. Etwas verwirrt dackelte ich dem Kerl hinterher, ich hatte immernoch nicht so ganz begriffen, dass es doch ganz hoch hinaus ging.
Schweigend gingen wir den immer steiler werdenden Begkamm hinauf und auf das große Geröllfeld zu, welches zwischen uns und dem Gipfel lag. Mir war nicht wirklich klar, wie man da noch durchsteigen sollte (im wahrsten Sinne des Wortes), für mich war überhaupt kein Weg zu erkennen. Aber der Alte konnte nach kurzen Orientierungsstopps immer wieder eine neuen Pfad durch die Steinwüste ausmachen, und so befanden wir uns schon bald mitten drin.
Für mich wurde es jetzt etwas haarig, weil man die Hände einsetzen musste, um weiterzukommen. Mein Stock war da eher eine Last als ein nützliches Werkzeug. Den kurzzeitigen Gedanken umzukehren konnte ich aber schnell zur Seite schieben und nach einer weiteren Stunde konzentrierten Laufens und Kletterns waren wir endlich am Ziel.

Hinter einem windschützenden Steinhaufen hatte es sich eine Gruppe Jesuiten gemütlich gemacht, die uns freundlich begrüßten und nach einem Gruppenfoto fragten. Machte ich gerne, musste mich aber im Gegenzug auch fotografieren lassen, da gab es keine Widerrede. Nach einem kleinen Vorratstausch (Müsliriegel gegen Orange) folgte ich meinem Guide, der inzwischen am Gipfelkreuz Teleaufnahmen der umliegenden Berge machte. Hier unterhielten wir uns zum ersten Mal etwas länger und er versuchte mir die Namen der umliegenden Berge zu erklären. Leider habe ich keinen behalten können, dafür war das Gefühl auf dem Gipfel zu stehen viel zu dominant. Schnell verewigte ich mich noch im Gipfelbuch und wollte mich zusammen mit dem Alten auf den Rückweg machen. Allerdings kam noch ein spontaner Fototermin mit einem frisch eingetrudelten Pärchen dazwischen und so musste ich alleine nach unten.

Der Abstieg verlangte noch etwas mehr Konzentration, v.a. weil sich zum Aufstieg geeignete Pfade nicht unbedingt für den Weg nach unten eignen. Meinen Guide hatte ich längst aus den Augen verloren und so kletterte ich teilweise etwas unbeholfen zurück durchs Geröllfeld. Es war schon Mittag und mir kamen jetzt auch Familien mit ihren sechsjährigen Kindern entgegen, die sich scheinbar mühelos durch den Weg hangelten — da sieht man mal wie subjektiv Erfolge doch sein können.


Als ich am Nachmittag wieder im Refugio angekommen war warteten dort schon die Jesuiten bei eingelegten Tomaten und Bier auf mich, und wollten mich aus irgend einem Grund auf einen Whiskey einladen. Ich lehnte dankend ab und unterhielt mich noch ein bisschen mit ihnen. Das Gespräch war sehr lustig, weil keiner von denen so wirklich gerade englische Sätze rausbrachte, zusammen konnten sie's aber sehr gut. Sie kamen aus San Sebastián wo sie in einer Art WG leben und im Sommer öfter mal solche Gemeinschaftsfahrten unternehmen. Der Ober-Jesuit hat mir zum Abschied noch ein bedeutungsvolles "You are in the best age!" mitgegeben — bin mir bis heute nicht sicher, wie er das gemeint hat.
Nach einer Dusche im Refugio (die erste mit "richtige" seit Deutschland und dementsprechend super!) entspannte ich Nachmittags buchlesend und schlafend im Bus. Nur ab und an grüßte ein neugieriger Kuhkopf durch die Seitentür.

Mitten in der Nacht wurde ich durch ein Flattern im Auto geweckt; in der Dämmerung hatte sich wohl ein Nachtfalter in HORA verirrt. Zum Glück, denn als ich die Tür aufmachte um ihn in die Freiheit zu entlassen sah ich zum ersten Mal in meinem Leben einen Nachthimmel, wie er wirklich sein muss. Die Lichtverschmutzung geht in diesem Teil der Pyrenäen gegen null und so zeichnete sich das helle Band der Milchstraße sehr deutlich und auch für meine kontaktlinsenfreien Augen sichtbar am Firmament ab. Schnell holte ich meine Brille und sah mir in einer unmöglichen Position (den Oberkörper aus dem Auto hängend) die Sterne an. Es ist einfach unglaublich, wie voll das alles ist da oben und was man theoretiche alles zu Gesicht bekommen könnte. Wenn ich gewusst hätte, wo sie liegt, hätte ich gerne die Andromeda-Galaxie gesehen. Astronomie und Astrophysik sind Themen, die mich sehr faszinieren, ohne dass ich besonders viel von ihnen verstehe, aber neben unserer eigenen Galaxie, was schon irgendwie unglaublich ist, noch eine andere, so große Struktur unseres Universums mit bloßem Auge erkennen zu können ist was Besonderes finde ich.
Nationalpark Monte Perdido
Am nächsten Tag spürte ich den Muskelkater dann schon deutlich. Mein Fahrziel war der nächste Nationalpark in westlicher Richtung, der mit dem Monte Perdido, dem verlorenen Berg, ein Aushängeschild der Pyrenäen umschloss. Meine Wasservorräte füllte ich an einer Quelle nahe der Zufahrtsstraße zum Refugio wieder auf. Das war bis jetzt das beste Wasser, was ich auf meiner Tour getrunken habe. Schmeckt auch nach Tagen nicht abgestanden, nicht nach Chlor (woher auch?) und nicht so süß wie das Wasser aus dem Supermarkt. Faszinierend.
Naja, auf meiner zweistündigen Fahrt änderte sich langschaftlich nicht soo viel. Nur die Dörfer, die vorher eher in den Bergen standen, dominierten jetzt die Mitte von größeren, flachen Tälern. Bis auf einen kleinen Verfahrer, bei dem ich mal schlauer als das Navi sein wollte, gab es nichts weiter Aufregendes.

Stellplatz war ein halbverfallender Bolzplatz kurz vor Sarvisé, einem Ort nahe dem Nationalpark. Rings um die eigentlich mehrere Fußballfelder umfassende Freifläche waren Bäumen gepflanzt, zwischen denen sich kleine Mobile wie meines wunderbar verstecken konnten. Auf der Huckelpiste zu meinem endgültigen Stellplatz schlug ich das Lenkrad etwas zu stark und zu schnell ein, was mir HORA mit einem andauernden Quietschen quittierte. Am nächsten Tag war das Geräusch zum Glück verschwunden, der Abend war allerdings aus Sorge um die Weiterfahrt etwas gelaufen...

Am nächsten Tag ging es dann in den Nationalpark. Den Monte Perdido konnte man von meiner Seite des Parks nicht gut erreichen, außerdem gab es laut Google Bildsuche auch nicht ganz so viel zu sehen und ein einsamer Berg, wie man sich vielleicht erhoffen konnte, ist es auch nicht wirklich. Also war mein Ausgangspunkt für die Erkundung des Nationalparks Torla, wieder eines der typischeren Bergdörfer am Hang eines Canyons. Von der Touristinformation ließ ich mir einen vierstündigen Weg durch den Park erklären und fuhr dann mit einem Bus (mit dem eigenen Auto darf man da nicht rein) in gut 20 Minuten zum Ausgangspunkt für Tagestouristen.

Man startet in einem engen Tal, das sich der es durchziehende Fluss teilweise selbst gegraben hat. Erklären braucht man dabei eigentlich nicht viel, ich glaube eine Bilderfolge macht sich hier am besten.








Torla und der Nationalpark war wieder so ein Platz, wo man auf außergewöhnlich viele Deutsche stoßen kann, die aber unabhängig voneinander ankommen. Wird wohl in einem places to be-Reiseführer verzeichnet sein. In Torla durfte man mit dem Wohnmobil nicht übernachten, daher ging es gleich am Abend zurück auf den Bolzplatz.
Irgendwie hatte ich mich auf der Wanderung durch den Nationalpark ordentlich vertreten, was sich am nächsten Tag bemerkbar machte: Irgendein Muskelstrang oder eine Sehne rutschte beim Gehen über mein Oberschenkelgelenk, was nicht nur ein extrem unangenehmes, sondern auch schmerzhaftes Gefühl verursachte. Da sowieso Sonntag war, ging diese Zwangspause in Ordnung. Allerdings war auch klar, dass ich mir mit den Schmerzen den nächsten Nationparkpark mit dem Pico Aneto als höhsten Berg der Pyrenäen nicht zu geben brauchte... hätte ja sowieso nicht laufen können.
Boí
Mein Ersatzziel für die Weiterfahrt am Montag war Boí, v.a. wegen der Bilder in der App. Hier konnte man, wenn auch nicht wandern, zumindest schön stehen. Die Route führte fast ausschließlich über die N-260, eine der beiden "Hauptschlagadern" der Pyrenäen und eine interessante Mischung aus knackengen Kurven zwischen Felsmassiv und Abgrund sowie ausladenden Tunnelabschnitten und grünen Tälern. Landschaftlich gesehen auf jeden Fall eine super Route. Zwischendurch ging es dann noch einmal Tanken und Einkaufen, wobei HORA den Löwenanteil unseres restlichen Monatsgeldes schluckte.

Boí ist ein kleiner Ort in Mitten von mächtigen Bergen und hat als besondere "Attraktion" eine Frischwasserquelle auf dem Besucherparkplatz. Angesichts meines hohen Wasserverbrauchs der letzten Tage war das sehr erfreulich; ich konnte außerdem mal wieder duschen. Am späten Abend hatte man vom Parkplatz aus einen tollen Blick auf ein faszinierendes Wetterspektakel: Eine Gewitterwolke hatte sich zwischen zwei Bergen eingeklemmt. Von "außen" wurde sie vom Restlicht der untergegangenen Sonne beschienen, während die Blitze von innen heraus leuchteten und dabei die Berghänge aufscheinen ließen. Das war wieder ein Moment, wo ich nur für ein paar Sekunden mein Handy gerne gegen eine DSLR getauscht hätte... einfach unglaublich sowas.
Am nächsten Tag kam ich mit einem baskischen Typen ins Gespräch, der mit seiner Freundin in der Gegend wandern war. Eigentlich wollte ich ja schon weiterfahren, aber die Bilder, die er mir in seiner Broschüre zeigte überzeugten mich davon, meinem Bein doch ein bisschen was zuzumuten. Außerdem brachte er mir ein paar Brocken katalanisch bei. Seit Lizara bin ich ja nicht mehr im Baskenland, sondern in Katalonien unterwegs. Im Gegensatz zum Baskischen kann man Katalanisch zum Glück mit dem Spanischen vergleichen, es sind im Prinzip nur zwei unterschiedliche Dialekte, die sich der Beschilderung nach v.a. in ihren Endungen unterscheiden (Katalanisch hat mehr End-Us).
Zwischenzeitlich musste allerdings noch ein kleines Spülenproblem gelöst werden. Beim Hochklappen meines Tisches (während der Fahrt immer hochgeklappt, damit das Besteck aus dem Kasten nicht durch die Gegend fliegt) kam mir mein Ablaufrohr entgegen. Die Kunststoff, der meine Solarpanels auf dem Dach festhält hatte wohl irgendwie keine Chance denen diese besondere Dauer-Drehbelastung.... Naja, Gaffa-Tape to the Rescue und nach einer halben Stunde war auch dieser Rückschlag ausgestanden. Die Konstruktion ist jetzt sogar stabiler als vorher, bin mal gespannt wie lange das hält.
Auch für diesen Nationalpark musste ich noch einen Stück in die Berge fahren, um vom extra eingerichteten Parkplatz aus zu starten. Die "Hauptroute" dauert mit viel Gemütlichkeit vier Stunden und hat einen kleinen Bergsee mit Wasserfall-Zulauf als Ziel. Man hätte wirklich meinen können, das wurde alles für eine etwas zu idyllische Filmkulisse so aufgebaut.
Auch hier macht es mehr Sinn, einfach nur Bilder anzugucken, anstatt viel zu beschreiben.





Am späten Nachmittag stand ich wieder in Boí, füllte noch einmal alles auf, was ich an Wasserreservoirs dabei hatte und entschied mich dazu, gleich an diesem Abend weiter Richtung Westen zu fahren. Die N-260 war hier wieder sehr kurvig und diesmal auch mit Schlaglöchern übersäht. Dementsprechend viele kleine Baustellen gab es an den unmöglichsten Stellen. Eine Freifläche bei la Pobla de Segur war mein Übernachtungsplatz. Hier gab es einen aufgezeichneten Parcour für eine Autofahrschule; sowas hab ich auch noch nicht gesehen. Nach einem weiteren, sonnenbadenden Tag am nahegelegenen Stausee, an dem ich nun auch mit "Die Gierigen" angefangen habe, war mein nächstes Reiseziel der kleine Pyrenäenstaat Andorra.

Weiter geht's mit meinem Reisebericht Andorra.